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Molière
Ein hochumstrittener Dauergast sorgt für verhärtete Fronten im Hause Orgon. Das Familienoberhaupt verehrt Monsieur Tartuffe als moralisches Vorbild; diese Ansicht hat er allerdings ziemlich exklusiv. Von seiner den guten alten Zeiten verpflichteten Mutter abgesehen, ist der Rest der Familie Orgons von der Frömmlernatur des Eindringlings zumindest genervt, die Zofe Dorine wittert gar Betrug. Und tatsächlich: Bald offenbart der religiöse Eiferer allzu weltliche Gelüste nach Elmire, der Dame des Hauses. Im Clinch mit seiner Familie und erbost über die Verdächtigungen, beschließt der Vater, in die Offensive zu gehen. Er enterbt seinen Sohn Damis zugunsten Tartuffes und schickt sich an, seine Tochter Mariane mit seinem Gast, Idol und nun auch Erben zu verheiraten. Erst ein arrangiertes Tête-à-Tête zwischen Elmire und dem Prediger öffnet Orgon die Augen – zu diesem Zeitpunkt ist das Hab und Gut der Familie jedoch bereits dem Betrüger überschrieben …
Natürlich entblößt Jean-Baptiste Poquelin, alias Molière, wie in allen seinen bösen Komödien, auch in seinem 1664 uraufgeführten und zwischenzeitlich verbotenen „Tartuffe“, schonungslos die Deformationen menschlichen Daseins. Im konkreten Fall nimmt er sich neben der religiösen Frömmelei gleich auch noch die Verblendung der bürgerlichen Gesellschaft vor. In unserer säkularisierten Zeit, in der Konsum und ein pathologisch übersteigerter Individualismus die Religion ersetzen und das Leben jeglicher Spiritualität beraubt haben, erscheint die Suche Orgons nach einem Vorbild und Halt zumindest nicht als vollkommen abwegig. Und da jedes menschliche Verhältnis ohne Vertrauen unmöglich ist, ist auch er gezwungen, dieses Vertrauen zu verschenken und das Risiko auf sich zu nehmen, enttäuscht zu werden. Die emotionalen Schieflagen, die Orgon umgeben, dienen da noch als Brandbeschleuniger. Schon deshalb liest sich „Tartuffe“ wie ein Kommentar auf die Richtungslosigkeit und Überforderungen des modernen Menschen und die Gründe, warum Heilsversprechen, so plump sie auch vorgetragen werden mögen, so leicht verfangen.
REGIE Markus Bothe
BÜHNE UND KOSTÜME Alexandre Corazzola
MUSIK Biber Gullatz
LICHT Viktor Fellegi
DRAMATURGIE Jan Stephan Schmieding
THEATERPÄDAGOGIK Julia Gratzer
TARTUFFE Pascal Goffin
MME PERNELLE, MUTTER VON ORGON Franz Solar
ORGON, MANN VON ELMIRE Mathias Lodd
ELMIRE, FRAU VON ORGON Henriette Blumenau
DAMIS, SOHN VON ORGON Simon Käser
MARIANE, TOCHTER VON ORGON Maximiliane Haß
VALÈRE, GELIEBTER MARIANES Florian Stohr
CLÉANTE, BRUDER VON ELMIRE Thorsten Danner
DORINE, ZOFE Julia Gräfner
KOMMISSAR Benedikt Steiner
„Kurz, flott und auch richtig böse inszenierte Markus Bothe Molières fantastische Komödie über heuchlerischen Betrug. […] In der entzückenden Inszenierung von Markus Bothe wurde ein Esstisch mit weißem Tuch und noblem Geschirr auf die Bühne gestellt […] Nicht nur Tartuffe wird enttarnt, der hier von Pascal Goffin als smarter Aufsteiger in Business-Grau gespielt wird. Auch die von ihm Ausgenutzten sind bald entblößt. Diese Satten in ihrer schwarz-golden glitzernden Kleidung sind lauter Egoisten – in feiner Abstufung. Franz Solar spielt perfekt die bigotte Großmutter Pernelle, die ihre Frömmlerei mit jeder koketten Geste Lügen straft. Eine Heilige? Nein, eine Dame, die nach Auftritten in der High Society giert. Ihr Sohn Orgon eifert ihr in der Dümmlichkeit nach. Mathias Lodd glänzt als ein von seiner Familie Entfremdeter, der andernorts nach Sicherheit sucht und in Tartuffe den passenden, berechnenden Verführer findet. Auch seine Kinder haben große Schwächen: Simon Käser spielt voll Inbrunst den dummen Damis, dessen einzige Lösungsmöglichkeit in Gewalt besteht, Maximiliane Haß ist reizend als Mariane, die vor allem Unentschlossenheit verkörpert, als ihr Vater ihre Verlobung löst, um sie Tartuffe zu geben. Ihr armer Verlobter Valère (Florian Stohr) agiert um keinen Deut besser. Hier haben sich zwei verwirrte störrische Esel gefunden. […] Ganz anders Orgons Frau Elmire (Henriette Blumenau): Sie bietet ihren Körper zur Überführung des Bösewichts so brunftig an, dass man annimmt, der unterm Tische lauschende Gatte werde garantiert gehörnt. Es ist köstlich anzuschauen, wie Krawatten und Reißverschlüsse artistisch eingesetzt werden, um erotische Verwicklung begreifbar zu machen. […] Von dort taucht rhetorisch rettend die Zofe auf. Sie ist noch vor Schwager Cléante (Thorsten Danner) die vernünftigste Person in all dem Irrsinn. ‚Ich lausche nie!‘, lautet ihre defensive Devise. Was wäre ein ‚Tartuffe‘ ohne diese wortgewaltige, in jeder Hinsicht flinke Dorine? Julia Gräfner spielt sie umwerfend komisch. […] Man wünschte sich solch Helfer auch für heute, wenn munter ‚tartuffisiert‘ wird.“ (Die Presse, Norbert Mayer, 14. Dezember 2017)
„Mit seinem Tartuffe hat Molière 1664 eine Satire hingelegt, die am französischen Hof so wenig ankam wie bei den damaligen Kirchenfürsten. Ganz im Gegenteil zum Grazer Publikum, das Markus Bothes so kurzweilige wie tiefsinnige Inszenierung und das umwerfende Ensemble mit langem Applaus belohnte. […] Überhaupt gelingen Bothe in dieser Inszenierung zahlreiche politische Anspielungen und Querverweise – ganz ohne Zaunpfahl und schon gar nicht auf Kosten des Textes oder des Tempos. Ganz im Gegenteil, hier wird im klassischen Versmaß ein Turbo gezündet, der Leichtgläubigkeit, Scheinheiligkeit, Unbeherrschtheit und naive Dummheit mit Wucht an den Pranger stellt. Für diese durch und durch selbstgefällige Gesellschaft voller überzeichneter, aber nie der Lächerlichkeit preisgegebener Figuren hat Alexandre Corazzola eine perfekte Ausstattung geschaffen. […] Das alles wäre schon sehr spannend, dazu kommt aber noch ein wahrhaft auftrumpfendes Ensemble. Angeführt von Pascal Goffin als glatter, eiskalt kalkulierender, diverse Obsessionen pflegender Tartuffe. Mathias Lodd ist ein nicht minder neurotischer Orgon, Henriette Blumenau eine hinreißend verführerische Elmire. Großartig auch Julia Gräfner als vorlaute Zofe, Maximiliane Haß als ,gehorsame' Tochter, Simon Käser als aufbrausender Sohn und Franz Solar als dem Tartuffe verfallene Mutter. Florian Stohr als feuriger Verlobter, Thorsten Danner als dozierender Schwager und Benedikt Steiner als zynischer Kommissar runden die Ensemble-Meisterleistung ab.“ (Michaela Reichart, Kronen Zeitung, 9. Dezember 2017)
„Hingehen! […] der in Basel lebende Regisseur Markus Bothe, der im Frühsommer einen fantastischen ‚Cyrano‘ auf den Kasematten inszenierte, erweist sich einmal mehr als Regie-Akrobat, dem sein Ensemble vertraut. […] Man mag ihn auch als Trickkünstler bezeichnen, weil er so anstandslos Raum und Zeit aufzulösen vermag (das Bespielen des Zuschauerparketts sieht man selten mit diesem Selbstverständnis) und mit kleinen Ideen verzaubert […] Bothe macht im smarten Bühnenbild (Alexandre Corazzola), das sich im Finale bedrohlich zur Zwangsräumung neigt, jedenfalls ordentlich Tempo, ohne auf Momente des Innehaltens verzichten zu müssen. […] Jeder hier an der ‚Festtafel‘ […] ist auf dem richtigen Platz, ob nun die trotz ihrer großen Augen undurchschaubare Henriette Blumenau als Elmire, die wunderbare Maximiliane Haß als Mariane oder die einzigartige Julia Gräfner als ‚Ich lausche nie‘-Zofe Dorine. Oder in der Männerriege neben Goffin ein kühler Mathias Lodd als blinder Orgon und ein köstlicher Franz Solar als Madame Pernelle. […] An diesem Abend darf man lächeln und lachen, ohne dabei den Ernst der Lage aus den Augen zu verlieren. Bravo!“ (Christian Ude, Kleine Zeitung, 9. Dezember 2017)
„Tartuffe lügt und verführt im Schauspielhaus Graz […] Heute scheint die Satire um einen hinterlistigen Verführer aktueller denn je – guter Stoff für das Schauspielhaus Graz. Es ist ein Comeback des Regisseurs Markus Bothe, der im vergangenen Jahr ‚Cyrano‘ auf der Kasemattenbühne inszeniert hat. […] ‚Stück der Stunde‘ […] In goldglitzernder Abendrobe serviert Regisseur Bothe Orgons Familie im Grazer Schauspielhaus auf einer überdimensionalen Tafel in den Fängen Tartuffes: Pascal Goffin gibt den Verführer als junger schöner Anzugträger – angelehnt an die Tartuffes unserer Zeit.“ (www.steiermark.orf.at, 11. Dezember 2017)
Lassen Sie sich nach „Der Talisman“ von einer weiteren Nestroy-Posse in der Inszenierung von Dominique Schnizer mitreißen. Die Couplets übernimmt diesmal die junge, preisgekrönte Autorin Stefanie Sargnagel.
Revolution in der Schulkantine! Verpassen Sie nicht die tragikomische Groteske von Noah Haidle in der Regie von Jan Stephan Schmieding.
Einen wunderschönen Garten abholzen, um den Bankrott abzuwenden? Erleben Sie den Komödien-Klassiker von Anton Tschechow in einer Inszenierung von András Dömötör (u. a. „der thermale widerstand“).