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Paulus Hochgatterer
Herr Rudolf ist ein kleiner, älterer Mann, der schon einiges mitgemacht hat im Leben, das er gern aus nächster Nähe mit einer gewissen Schonungslosigkeit betrachtet. Ganz im Gegensatz übrigens zu seinem Freund Max, der am liebsten in seinem Baumhaus sitzt und aus luftiger Höhe auf die Welt hinabblickt. Herr Rudolf macht es anders. Seine Methode, um zeitweise den Zumutungen des Lebens zu entkommen, ist eine graue Puch DS 60, an der er hingebungsvoll herumschraubt und -putzt, während er erzählt: „Ich steige aufs Trittbrett, mach die Tür auf, geh rein in mein Moped, setz mich hin und mach die Tür wieder zu. Eine größere Sicherheit gibt es nicht.“
Und während der Theoretiker des Verschwindens in aller Ruhe seine auf zwei Rädern basierende Lebensphilosophie ausbreitet, die Geschichte seiner Ehe erzählt (Alkohol, Anonyme Alkoholiker, Frau ist trotzdem weg), seinen Alltag schildert (in dem eine gewisse Frau Karoline, Trafikantin mit Fernweh und Filmleidenschaft, eine nicht unwesentliche Rolle spielt), werden mehrere Pakete geliefert, deren merkwürdiger Inhalt zu einem überraschenden Finale führt, in dem die graue Puch DS 60 einen letzten großen Auftritt hat.
Mit düsterem Humor, schwebender Poesie und dräuender Spannungsdramaturgie blickt der österreichische Autor Paulus Hochgatterer, dessen „Böhm“ mit Nikolaus Habjan nach wie vor bei uns im Spielplan ist, auf einen unscheinbaren, grauen Niemand namens Rudolf und verbindet kleine und große Tragödien unserer Zeit zum Porträt eines Mannes, der aus der Welt gefallen ist und dem nur das Verschwinden mit Knalleffekt bleibt, um auf sich aufmerksam zu machen.
Die Studie über Einsamkeit und Radikalisierung, über zum Grau umlackiertes Türkis, das Böse in Gestalt von Firmensanierern und Fremdenpolizisten sowie verschlagene Zwillinge in Slim-fit-Anzügen wird gespielt von Rudi Widerhofer, selbst passionierter Mopedfahrer, der den Autor zu diesem Monolog inspirierte. Inszeniert wird er von Yara Michelitsch, die als eine der Schauspielhaus-Assistent*innen zuletzt einen Videofilm mit Rudi Widerhofer realisierte und nun im HAUS DREI ihre „Meisterprüfung“ ablegt.
„Monologmeister Rudi Widerhofer brilliert als Bedeutungsloser. […] Prädestiniert für den als Monologmeister bestens bekannten Widerhofer, der den Autor zu der gedanklichen Innenschau anregte, fokussiert er unter bedachtsamer Regie von Yara Michelitsch als ‚Herr Rudolf‘ mit leiser Stimme dessen Bedeutungslosigkeit sowie menschliche Tiefen.“ (Kleine Zeitung, Elisabeth Willgruber-Spitz, 19.12.2021)
„Paulus Hochgatterer hat Rudi Widerhofer die Rolle des Herrn Rudolf auf den Leib geschneidert. […] Widerhofers Interpretation hat Seele, Ernsthaftigkeit und Humor […]“ (Kronen Zeitung, Hannah Michaeler, 19.12.2021)
„Regisseurin Yara Michelitsch beamt Rudi Widerhofer mittels Cowboykostüms und Bildprojektion in den Wilden Westen […] Der Monolog lässt insbesondere, wenn der Herr Rudolf von Gesprächen mit der Trafikantin Frau Karoline berichtet, eine an Thomas Bernhard erinnernde Kauzigkeit aufblitzen. […] Rudi Widerhofer haucht dem aus der Welt Flüchtenden Sentiment und Seele ein.“ (Salzburger Nachrichten, Martin Behr, 20.12.2021)