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nach dem Roman von F. Scott Fitzgerald
aus dem Amerikanischen und bearbeitet von Claudia Bossard und Barbara Juch
Jay Gatsby hat es geschafft. Seine imposante Villa auf Long Island ist Schauplatz rauschender Feste und ein Magnet der New Yorker High Society. Niemand weiß genau, wie er zu seinem sagenhaften Reichtum gekommen ist – man munkelt über schmutzige Geschäftspraktiken, auch von Spionage und Mord ist die Rede. Der unverhofft in die illustre Gesellschaft geratende Nick Carraway erfährt schließlich mehr – von Gatsbys ärmlicher Herkunft, von seiner Einsamkeit und dass das viele Geld und die Partys nur dazu dienen sollen, Gatsbys verlorene Geliebte anzulocken. Mehr und mehr lässt Nick sich in die Ereignisse hineinziehen und wird schließlich Zeuge von Gatsbys tiefem Fall.
„Der Große Gatsby“ gilt als Schlüsselroman des amerikanischen Jazz Age, einer explosiven und zwiespältigen Epoche, die mit dem Ende des Ersten Weltkriegs begann und mit dem großen Börsenkrach im Oktober 1929 endete. Niemals wurde der sprichwörtliche „Amerikanische Traum“ von Glück und Glanz, schnellem Reichtum und strahlendem Ruhm heftiger geträumt, nie war das Aufwachen so bitter.
Mit Claudia Bossard verbindet das Schauspielhaus Graz eine langjährige, mit „lupus in fabula“ von Henriette Dushe, „Der gute Gott von Manhatten“ von Ingeborg Bachmann, „Bilder von uns“ von Thomas Melle, „Erinnya“ von Clemens J. Setz, „Die Physiker“ von Friedrich Dürrenmatt und „Making a Great Gatsby“ inzwischen sechs Inszenierungen umfassende, Zusammenarbeit. Die Regisseurin blickt von heute auf den Stoff und stellt ein ebenso schillerndes wie abgründiges Gesellschaftsportrait auf die Bühne: Fast 100 Jahre später scheinen die zwei Seiten des amerikanischen Traums endgültig in Extreme auseinanderzufallen, klaffende Einkommensunterschiede und manifeste Klassengrenzen sprechen seinen unbegrenzten Aufstiegsmöglichkeiten Hohn. Trotz allem eint der Glaube an sein Versprechen noch immer die Welt.
REGIE Claudia Bossard
BÜHNE & KOSTÜME Frank Holldack / Elisabeth Weiß
CHOREOGRAFIE Marta Navaridas
TEXTARBEIT Barbara Juch
KOMPOSITION Anna Tropper-Lener / Antonia Manhartsberger / Alice Peterhans
LICHTDESIGN Frank Holldack
DRAMATURGIE Franziska Betz
JAY GATSBY Andri Schenardi
CHESTER Alexej Lochmann
KLIPSPRINGER Alice Peterhans
NICK CARRAWAY Frieder Langenberger
DAISY BUCHANAN Lisa Birke Balzer
TOM BUCHANAN Nico Link
JORDAN BAKER Henriette Blumenau
MYRTLE WILSON Katrija Lehmann
GEORGE WILSON Fredrik Jan Hofmann
MEYER WOLFSHEIM Mathias Lodd
LIVE-MUSIK Anna Tropper-Lener / Antonia Manhartsberger /
Felix-Paul Mayerhofer / Alice Peterhans
SCHAUSPIELHAUS AKTIV
Theaterpädagogik: Timo Staaks
Altersempfehlung: ab 14
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Drei Fragen an Regisseurin Claudia Bossard
Was, glaubst Du, sollten wir im Herbst [Anm. erster geplanter Premierentermin Dezember 2020] sehen wollen?
Ich glaube, nach all diesem Gesitze und Hocken in Homeoffices in rechteckigen Räumen vor rechteckigen Bildschirmen wird niemand mehr Sitztheater sehen wollen! Also Stücke, in denen Menschen sitzen und reden und von einem besseren Leben träumen. Vielmehr wünscht man sich Figuren auf den Klippen ihrer Träume, im Bewusstsein, dass vieles schon verträumt, vieles schon gelebt, und das meiste bereits ausgeträumt ist. Uns treiben gerade Fragen um, wie: Und was tun wir jetzt? Und: Welchen Ausgang können wir gesellschaftlich, global noch nehmen? Und genau dafür eignet sich eine Gatsby-Adaption tatsächlich hervorragend!
Warum?
Man kann diesen weltberühmten und als Inbegriff des amerikanischen Traums geltenden Roman, der aber auch dessen (kollektiven) Selbstbetrug thematisiert, analog zu Kafkas „Amerika“ assoziieren. In Kafkas Werk heißen die Suggestion und Verführungskraft des „Nature Theatre of Oklahoma“, einer Theatertruppe, den jungen Karl Rossmann willkommen und treiben ihn langsam in den Westen in Richtung Gold, Reichtum und scheinbarer absoluter Freiheit.
Also wieder ein bisschen Schein und Sein und Theater im Theater, wie in Deiner letzten Arbeit bei uns, Dürrenmatts Groteske „Die Physiker“?
Ich sehe auch im „Gatsby“ eine Groteske. Aber hier eine auf die Ideologie von individueller Identität, von marketingtreuer und -bewusster Selbstinszenierung, vom „Darstellen“ als Kulturtechnik – ein sehr reizvolles Unterfangen und ein bisschen „Nackter Wahnsinn“. Die Exzesse und die Dekadenz, die im Roman geschildert werden, lassen sich szenisch direkt übersetzen, und der Stoff lasst sich für eine Bühnenadaption inhaltlich, erzähltechnisch und auch auf der spielerisch-performativen Ebene um eine Achse weiterdrehen. Wohin, werden wir herausfinden.
„So ist der unterhaltsame Abend, der die Handlung des mehrfach verfilmten Buches erstaunlich genau nacherzählt, das Porträt einer bornierten, selbstbewussten weißen Gesellschaft, die noch nicht weiß, dass sie eines Tages abtreten wird müssen. In einer einzigen Szene wirft Bossard einen politischen Blick auf unsere eigenen 20er-Jahre und lässt Katrija Lehmann als Myrtle in einer Talkshow zu einer großen Bekenntnisrede antreten, in der sich US-Vizepräsidentin Kamala Harris und das Inaugurationsgedicht von Amanda Gorman (an deren schicken grellgelben Mantel in der Szene erinnert wird) mischen […]. Die Schweizerin Bossard […] setzt auch kostümmäßig auf den Zauber der 20er-Jahre - wie Stil-Ikonen agieren etwa ‚Daisy‘ Lisa Birke Balzer und ‚Nick‘ Frieder Langenberger - und schafft immer wieder komische Szenen.“ (APA, Wolfgang Huber-Lang, 15.01.2022)
„Die Inszenierung wird dort stark, wo in Tanzszenen die Schleier der Konvention abfallen, und wo sich das Menschliche noch als Körper und schiere Präsenz behauptet. Es gibt noch Emotionen, Hoffnung, Leidenschaft. […] Es ist ein interessanter Abend, mit schönen Schauspieldarbietungen (unter anderem Nico Link als stiernackiger Holzkopf Tom Buchanan und Katrija Lehmann als vielgestaltige Myrtle) […].“ (Kleine Zeitung / kleinezeitung.at, Martin Gasser, 15/16..01.2022)
„Verblendung von Gestern und Heute. All diese Gegenwartsbezüge deutet Claudia Bossard in ihrer Inszenierung unter dem Titel ‚Making a Great Gatsby‘ auch an: Ihr Gatsby hat sein Geld nicht nur mit Öl-Geschäften, sondern auch mit Krypto-Währung gemacht. Inmitten der ‚roaring twenties‘ sind einige Figuren in eine billige Reality-TV-Show verwickelt. Die Musik, die von der fabelhaften Live-Band erklingt, ist großteils Charts-Stoff der letzten Jahre. […] Das Ensemble bietet hervorragende Leistungen, und die Inszenierung ist auch unterhaltsam - vorausgesetzt man kann den Anspielungen folgen. Sehr humorvoll lässt Bossard die Darsteller auch ihre ‚Blendung‘ des Publikums in einer musikalischen Einlage voll großer Gesten thematisieren.“ (Kronen Zeitung / krone.at, Christoph Hartner, 15/16.01.2022)
„Man merkt, [Claudia] Bossard und ihr Team wollen nicht einfach eine Prosahandlung nacherzählen. […] Im Roman ist die Handlung garniert mit feinen Beobachtungen und so einem Lebensgefühl ungreifbarer Aufgeregtheit im Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Bossard versucht das szenisch zu rekonstruieren, indem sie ihr Ensemble die Partys ausagieren lässt, in geistreichen, aber ziellosen Gesprächen einerseits, in Musikeinlagen andererseits: Da folgt auf rührend komische Schmachtfetzen ein schier endloser Diskoexzess auf der sich drehenden Bühne, bis wirklich niemand mehr wagt, die Rekrutierung einer vierköpfigen Band und einer Choreografin (Marta Navaridas) infrage zu stellen.“ (nachtkritik.de, Martin Thomas Pesl, 17.01.2022)
„Neben den Kostümen und der großen schauspielerischen Leistung der SchauspielerInnen, trug auch der Einbezug einer Live-Band sehr zur erfolgreichen Gesamtkomposition des Stücks bei. […] Alles in allem ist es ein sehr empfehlenswertes und amüsantes Stück, das zum Nachdenken über die eigenen Lebensziele und die heutige Gesellschaft, in der Geld immer noch eine sehr große Rolle spielt, anregt.“ (kultrefgraz.wordpress.com, Carina Pammer, 16.01.2022)