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Svenja Viola Bungarten
Ausgewählte Inszenierung beim nachtkritik-Theatertreffen 2022
„Garland“ ist ein Theaterstück nach einem Film von Salvatore Brandt. Dieser ist ein Spezialist für Low-Budget-Horror-Heimatfilme, in denen ausnahmslos niemand überlebt und die folglich niemand sehen will. Ist die Situation in der ländlichen Gegend, in der er seinerseits versucht, mit seiner Kunst zu überleben, doch schon schlimm genug: Dürre, Hitze und Staub führen zu Erosion, Bränden und Landflucht. Einzig die Moderatorin des Lokalradiosenders „Radio Garland“ versucht dort als munter sprudelnde Informationsquelle gute Laune und launige Musik zu verbreiten. Zu Gast bei ihr im Studio sind nicht nur der erfolglose Filmemacher auf der Suche nach Sponsoren, sondern auch zwei abgebrannte, mit ihrer Versicherungsgesellschaft hadernde Landwirte und eine mit brennbaren Substanzen handelnde Tankstellenbesitzerin, die denkt, ein Lied im Radio würde dabei helfen, ihre verlorene Tochter zu finden.
Eine ländliche Komödie, eine Klimatragödie, ein Theater-Roadmovie, eine Zauberer-von-Oz-Posse, eine Polizeisatire, ein Stück voll skurriler Gestalten: Hier kämpfen und solidarisieren, straucheln und fangen sie sich auf, die Loser, die Abgehängten, die Habenichtse in einem mittleren Osten irgendwo in Europa. Zähe Gestalten, die uns daran erinnern, dass Aufgeben keine Option ist, selbst wenn die Probleme übermächtig sind. Oder, wie die jugendliche, vermeintliche Brandstifterin Dorothee Sturm (eine entfernte Verwandte von Greta Thunberg) sagt: „Es geht genau darum, dass man es trotzdem versucht. Gegen alle Widerstände.“
Beim Schreiben von „Garland“ habe sie die Katastrophe als Zustand interessiert, sagt die Autorin, die im Mai 2021 für ihr neues Stück „Maria Magda“ den Autor*innenpreis des Heidelberger Stückemarktes gewann. Inszeniert wird „Garland“, das die bittere Wahrheit vom Klimawandel in pointierte Dialoge bringt, von Anita Vulesica, die in der vergangenen Spielzeit „dritte republik (eine vermessung)“ von Thomas Köck mit Lust an der Groteske auf die Bühne brachte.
REGIE Anita Vulesica
BÜHNE & VIDEO Frank Holldack
KOSTÜME Geraldine Arnold
MUSIK Camill Jammal
CHOREOGRAPHIE Mirjam Klebel
DRAMATURGIE Karla Mäder
SALVATORE BRANDT Frieder Langenberger
LORNA LUFT Lisa Birke Balzer
TANTE EM Beatrice Frey
ONKEL HENRI Rudi Widerhofer
DOROTHEE STURM Katrija Lehmann
JUDY GARLAND Evamaria Salcher
GUS BRANDT Lukas Walcher
SCHAUSPIELHAUS AKTIV
Theaterpädagogik Marcus Streibl-Harms
MITLERNEN Vorbereitender Workshop, Warm-up, Nachbereitung, Lehrer*innenauftakt am 4.11.
MITSPIELEN Spielsamstag am 13.11.
MITSCHAUEN Schauklub am 22.12.
MITREDEN Theaterdialog am 22.12.
Altersempfehlung: ab 14
„Anita Vulesica [hat] eine hitverdächtige Uraufführung inszeniert. […] [Garland] macht das Schauspielhaus Graz einfach so, schön extravagant, an seiner größten Spielstätte, und das mit Hollywood-Wumms, Drehbühne, aus dem Boden fahrenden Kulissen und Wüstenstaub. Erstaunlich, mutig und großartig. […] Zusätzlich zieht [Anita Vulesica] für diese Uraufführung eine Metaebene ein und lässt Frieder Langenberger als Salvatore den manischen (Film-)Regisseur des Abends sein. […] Später jedoch gewinnt die Aufführung gerade dadurch an Schmäh […]. Auch die übrigen Spieler:innen haben sichtlich Freude an dem erfrischend anderen Stoff. Evamaria Salcher als tragische Judy Garland, deren Kostüme von Szene zu Szene abendgarderobiger werden, und Katrija Lehmann als Greta-Thunberg-Variation Dorothee ergänzen einander im Pathos, wie sie synchron bedeutungsschwere Züge von ihren Zigaretten nehmen. Salcher singt obendrein. Man schmölze dahin, wenn es nicht so bitterkomisch wäre. […] Ein Hit – und lakonischer Kontrast – sind die Maisfarmer:innen, gespielt von der österreichisch-schweizerischen Schauspiellegende Beatrice Frey und dem Grazer Lokalmatador Rudi Widerhofer.“ (nachtkritik.de, Martin Thomas Pesl, 07.11.2021)
„Prächtig zusammengehalten werden all die Turbulenzen von Regisseurin Anita Vulesica, die mit viel Gefühl für das richtige Timing eindreiviertel kurzweilige Theaterstunden in bester Screwball-Manier auf die Bühne stellt, ohne dabei den Ernst der Lage zu überpudern: Darin, wie in dieser obskuren mitteleuropäischen ‚Dust Bowl‘ lauter Verzweifelte, fast schon Vernichtete um ihre Existenz ringen, klingt bei aller Pointenpracht ein leises Echo von Steinbecks ‚Früchte des Zorns‘ an. Als überkandidelter Filmregisseur Salvatore Brandt beweist Frieder Langenberger komödiantisches Gewicht, ansonsten gehört der Abend drei Schauspielerinnen. Neben Lehmann als stürmische Weltenretterin brilliert Lisa Birke Balzer als exaltierte Radioschwätzerin und ganz besonders Evamaria Salcher, die als ausgebranntes Zirkuspferd Judy Garland auch im Angesicht des Todes immer wieder in ihre alten Shownummern kippt. Und nicht zu vergessen: Einmal mehr gibt es Beatrice Frey und Rudi Widerhofer in einer am Grazer Schauspielhaus ja schon quasi routinemäßiger kauziger Doppelconference.“ (kleinezeitung.at, Nachtkritik, Ute Baumhackl, 07.11.2021)
„‚Garland‘ funkelt vor Witz, Verve und Originalität, und über die Stellen, wo es klischee- oder pathosbedingt zu knirschen droht, rettet die famos komödienstabile Inszenierung von Anita Vulesica nonchalant hinweg. Diese Regisseurin, die eigentlich Schauspielerin ist, hat ein Gespür für Irrwitz, Dynamik und Timing und sie beherrscht auf der amerikanisierten Ödland-Bühne von Frank Holldack unter Einsatz von Drehbühne, fahrbaren Kulissenteilen, einer versenkbaren Tankstelle und einer Videofahrt im Monstertruck auch das große Besteck. Dass Vulesica das gesamte Stück als das Making-of des ‚Amerika‘-Films von Salvatore Brandt inszeniert, zieht klug und komplex noch eine weitere Ebene ein, die der künstlerischen Auseinandersetzung mit Krisen.“ (Süddeutsche Zeitung / sz.de, Christine Dössel, 09./10.11.2021)
„Im Kern ist ‚Garland‘ eine dystopische Farce aus dem Wilden Osten. […] Dass die Bühne (Frank Holldack) klassische Western-Versatzstücke wie die Holzveranda oder den Pick-up zitiert, hat trotzdem seine Richtigkeit: Der Klimawandel hat aus der Agrarfläche eine Prärie werden lassen. […] Den Scherz, dass das Stück ‚nach einem Film von Salvatore Brandt‘ geschrieben wurde, wie in der Autorenzeile behauptet wird, hat Regisseurin Anita Vulesica beim Wort genommen. Sie inszeniert ‚Garland‘ als Making-of eines Brandt-Films. Das ist zwar nicht immer logisch, funktioniert als Klammer für die diversen Handlungsstränge aber recht gut und sorgt jedenfalls für ein paar hübsche Pointen.“ (Theater heute, Wolfgang Kralicek, Ausgabe 01/2022)
„Mithilfe eines tollen Ensembles bewerkstelligen Svenja Viola Bungarten und Anita Vulesica das unwahrscheinliche Kunststück einer gelungenen Klimakomödie. […] Und ja, das ist alles miteinander ein bisschen viel an Turbulenzen, aber es wird von Anita Vulesica inszenatorisch so souverän zusammengehalten, dass man sich bestens über die rasante, pointensatte Screwball Comedy amüsieren und zugleich Mitgefühl für die Ausgemusterten entwickeln kann, die die Autorin und Regisseurin da durch den anbrechenden Weltuntergang treiben. Das fällt umso leichter, als sich das Grazer Schauspiel-Ensemble einmal mehr als wunderbar vielseitig und nuancenreich beweist. […] Ausdauernder Jubel.“ (Kleine Zeitung, Ute Baumhackl, 08.11.2021)
„Es ist beeindruckend, wie humorvoll und kurzweilig ein Stück über die Klimakatastrophe daherkommen kann, ohne dabei jemals die Dringlichkeit des Themas aus den Augen zu verlieren. Das ist nicht zuletzt der Verdienst von Anita Vulesica, die es in ihrer Inszenierung versteht, den Klamauk stets im richtigen Moment einzubremsen und das Geschehen auf den ausgedörrten Boden der Realität zurückzuholen, für den Bühnenbildner Frank Holldack die perfekt abgewrackte Kulisse bietet.“ (Kronen Zeitung / krone.at, Christoph Hartner, 08.11.2021)
„Von Judy Garland bis Generation Z: Svenja Viola Bungartens Stück schlägt in Anita Vulesicas Inszenierung einen fantastischen Bogen. […] An diesem Actionreichtum hat sich Regisseurin Vulesica genüsslich bedient. Auf der Drehbühne von Frank Holldack schachtelt sie diverse Schauplätze ineinander – reale und traumhafte – und gönnt dem Publikum viele Details. […] Und doch fühlt sich der Abend durch und durch komisch an. Denn was das Stück so fabelhaft gut kann: Es schlägt aus der Verschränkung unterschiedlicher Geschichten und Gegenden, Fantasien und Wirklichkeiten wie verrückt Funken. […] Dass eine Klimatragödie zugleich eine hollywoodeske Roadmovie-Komödie sein kann, ist im zeitgenössischen Theater üblich, gelingt aber nicht immer so gut wie hier.“ (Der Standard / derstandard.at, Margarete Affenzeller, 12./13.11.2021)
„‚Garland‘ verfügt über einen raffiniert entworfenen Plot, ist randvoll mit popkulturellen Zitaten und Anspielungen, changiert souverän zwischen Groteske und Drama und liefert aberwitzige Pingpong-Dialoge, ohne je den Krisenmodus zu verlassen. Regisseurin Anita Vulesica und dem achtköpfigen Ensemble gelingt eine überzeugende Umsetzung ohne Leerlauf. […] Klingt verdreht? Ist es auch, aber funktioniert in der routinierten Regie von Anita Vulesica tadellos. Wie bei jeder guten Komödie geht es nicht nur um Unterhaltung, sondern um ein gesellschaftspolitisches Unbehagen.“ (Wiener Zeitung / wienerzeitung.at, Petra Paterno, 16./17.11.2021)
„Dramatische Loops, die sich ergeben, wenn Brandt hektisch, aber unzufrieden Filmszenen wiederholen lässt, bieten gelungene Slapstick-Momente, erinnern aber zugleich daran, dass im echten Leben (Stichwort Klimawandel, erraten!) nicht zurückgespult werden kann. Verknüpft mit der Schwere, die die Titelfigur [Judy Garland] durch den Abend schleppt, ergibt sich so ein atmosphärisches Spannungsfeld, das starke Momente zeitigt (etwa wenn Evamaria Salcher vorführt, wie genau ein Lachen im Hals stecken bleiben kann) […]. Eine Produktion, die sehr viel will – und so einiges davon einlöst.“ (Theater der Zeit, Hermann Götz, Dezember 2021)