Audioeinführung "Faust :: Mein Brustkorb : Mein Helm"
Audioeinführung "Faust :: Mein Brustkorb : Mein Helm"

Faust :: Mein Brustkorb : Mein Helm

Saisoneröffnung 2017.2018

Österreichische Erstaufführung
Werner Schwab

Inhalt

Am Anfang steht ein altbekanntes Bild: Ein Studierzimmer und darin Faust, der hadert und zweifelt. Doch Faust beklagt nicht – wie bei Goethe – das Versagen allen Wissens, sondern gänzlich allen Sinns. Die Welt ist nicht zu ertragen. Unter Alkohol und wahnhaftem Neuordnen seiner Bücher bleibt alles Kopfgeburt: Der Osterspaziergang ist in eine Diskothek verlegt und doch verlässt Faust nie seine Studierstube, Mephisto wird als „flammendes Ebenbild“ im Spiegel erschaffen, in Auerbachs Keller findet sich eine saufende und musizierende Schattengesellschaft, Margarethe begegnet ihm vor einer Telefonzelle und Valentin entpuppt sich als Rivale um ihre Gunst.

Auf der Walpurgisnacht-Party altert Faust rapide, zugleich ist aber auch der junge Faust anwesend. Es kommt zu Sex und Gewalt. Drei Tote sind das Resultat – und ein alter Faust, der „irrsinnig“ lachend das Schlachtfeld seiner Imagination betrachtet. Werner Schwabs sprachgewaltige Faust-Paraphrase wurde erst nach seinem frühen Tod 1994 veröffentlicht und zählt zu den sogenannten Coverdramen. Goethes Text dient ihm dabei genauso als Material, das es zu gestalten gilt, wie Sprache an sich. „Ich behandle Sprache wie ein Bildhauer. Egal ob’s Gold oder Dreck ist, man untersucht den Stoff, mit dem man herumspielt.“ (Schwab) In diesem Sinn greift er Motive aus Goethes Faust heraus, kleidet sie in bestes Schwabisch – seinen einzigarten „Sprachhund“ – und schafft damit, in den Worten der Lustigen Person von Goethes Faust, „in bunten Bildern wenig Klarheit“.

Regisseurin Claudia Bauer, die in der Spielzeit 2015.2016 einen expressiv-komödiantischen „Volpone“ von Ben Jonson im Schauspielhaus inszenierte, beschäftigt sich seit längerem sowohl mit dem Faust-Stoff als auch mit Werner Schwab. Ihre kräftige Regiehandschrift, mit der sie den Kern der Stoffe herausschält, ist durch Verfremdung und Überzeichnung unter Einsatz vielfältiger Theatermittel gekennzeichnet. Ihre Inszenierung von „89/ 90“ nach dem Roman von Peter Richter, die sie am Schauspiel Leipzig herausbrachte, ist eine der zehn bemerkenswertesten deutschsprachigen Inszenierungen der Saison beim Berliner Theatertreffen 2017.

REGIE Claudia Bauer
BÜHNE Patricia Talacko
KOSTÜME Dirk Thiele
MUSIK Peer Baierlein
VIDEO OchoReSotto
LICHT Viktor Fellegi
DRAMATURGIE Elisabeth Geyer

MARGARETHE U.A. Henriette Blumenau
MARTHE SCHWERDTLEIN U.A. Julia Gräfner
MEPHISTO U.A. Benedikt Greiner
WAGNER U.A. Fredrik Jan Hofmann
FAUST U.A. Florian Köhler
VALENTIN U.A. Raphael Muff

Pressestimmen

„Großer Wurf in Graz: Claudia Bauers Inszenierung von ‚Faust :: Mein Brustkorb : Mein Helm' [...] Das Schauspielhaus Graz hat erstmals nach 2010 wieder gute Chancen, mit einer Inszenierung zum renommierten Berliner Theatertreffen eingeladen zu werden. Das jährliche Festival versammelt die zehn bemerkenswertesten Produktionen im deutschsprachigen Raum. Der vielversprechende Grazer Kandidat ist die späte österreichische Erstaufführung des Werner-Schwab-Stücks ‚Faust :: Mein Brustkorb : Mein Helm' durch Claudia Bauer. [...] Ganz abgesehen davon, dass dieser Abend ein schieres Vergnügen ist. [...] Die sieben Schauspieler, von Köhler angeführt, sind allesamt großartig, sowohl wenn sie lustvoll den Text ihrer Rollen überartikulieren, als auch in den präzise getakteten Chorstellen. Irgendwie schaffen sie es, sich von Schwabs Text ironisch zu distanzieren und dabei das Publikum erst recht für diesen einzunehmen. Als wichtige Identifikationsfigur dient dabei die Grazerin Rosemarie Brenner. Offiziell ‚nur' die Souffleuse und am stets offenen Textbuch erkennbar, scheint sie dank ihres kunstvollen Vortrags von Schwabs Regieanweisungen eine stille Macht über die gesamte Handlung auszuüben. Ein wüstes, schlaues Stück von einem Grazer Autor, dargestellt von Menschen, die ihn in seiner eigenen Stadt mit großer Freude verwursten: So muss Stadttheater.“ (Martin Pesl, Falter, 47/2017)

„Na, geht doch: Werner Schwabs 'Faust'-Coverversion in Graz [...] Claudia Bauers Inszenierung zeigt, wie lebendig Schwabs Radikal-Stücke noch sind [...] Die Inszenierung von Schwabs 'Faust'-Version, mit der das Grazer Schauspielhaus nun die Spielzeit eröffnete, ist die österreichische Erstaufführung. [...] in Form einer hochelaborierten Sprechpartitur, in der das typische 'Schwabisch' [...] von - reimlosen - Verspassagen durchbrochen wird. [...] Umso erstaunlicher, wie unkompliziert, transparent und, ja, unterhaltsam das Stück in Graz daherkommt. Die Regisseurin Claudia Bauer hat mit dem Ensemble ganz offensichtlich sehr genau am Text gearbeitet, und das ist hier schon die halbe Miete. Es gibt ein paar tolle, kanonartig aufgebaute Chorpassagen, und nicht nur, wenn der Text von einem Metronom-Ticken begleitet wird, stimmt an diesem Abend der Rhythmus. Auf der weitgehend leeren Bühne (Patricia Talacko) stehen ein paar Notenständer herum, vor allem aber eine große Holzkiste, die das Studierzimmer darstellt. Meist sieht man den darin verborgenen Faust - Florian Köhler stattet dieses monströse Wrack mit sympathischem Losercharme aus [...]. Kunstgriff der Inszenierung, die Szenenanweisungen von der Souffleuse laut vorlesen, von den Akteuren dann aber nur halbherzig umsetzen zu lassen, kommt in dieser Szene besonders effektvoll zur Geltung. Auch die opulent schrillen Kostüme (Dirk Thiele) tragen wesentlich zum gepflegten Wahnwitz der Veranstaltung bei. [...] Wie lebendig [Schwabs] Texte noch sind, beweist diese Aufführung, die auch eine Botschaft für andere Theater transportiert: Man kann Schwab spielen, wenn man's kann.“ (Wolfgang Kralicek, Süddeutsche Zeitung, 6. Oktober 2017)

„So dämmerte uns ein großartiger Auftakt mit Werner Schwab. [...] grandios: Florian Köhler [...] Henriette Blumenau spielt gekonnt diese unbeteiligte und herzlose Margarethe [...] Während Julia Gräfner als Frau Marthe souverän den Famulus Wagner (Fredrik Jan Hofmann) ebenso wie den Popanz Valentin (Raphael Muff) erledigt. Mit ihrem kleinen grünen Schminkköfferchen wird sie zur Mutter aller Urlüste. [...] Bauer nimmt Schwab so ernst wie nur möglich, lässt sogar die Souffleuse vom Haus (Rosemarie Brenner) seine szenischen Anweisungen vorlesen, die meistens auch befolgt werden. Und wenn nicht, ist es für einen Augenblick so, als würde ein schwabischer Geistesblitz durch die Szene fahren und Funken sprühen." (Barbara Rauchenberger, Die Furche, 6. Oktober 2017)

„In Faustens postapokalyptischem Albtraum, als den Claudia Bauer das Gelehrtendrama stilsicher inszeniert, ist Margarethe (Henriette Blumenau) eine selbstbewusste Göre, die aufs Geschmeide pfeift und sich mehr für den sportlichen und weniger mieselsüchtigen Mephisto (Benedikt Greiner) interessiert. Während Faust (Florian Köhler) im Gruselkabinett seines Studierzimmers schmerzvoll gegen den eigenen Verfall ankämpft. [...] Regisseurin Bauer macht etwas sehr Kluges: Sie entwickelt den Abend radikal aus der Sprache und deren schneidenden Rhythmen. Sie spannt die Sätze streng auf wie auf Notenlinien, lässt sie mechanisch durch die Münder der Schauspieler ziehen, oft getaktet von einem hörbaren Metrum (Musik: Peer Baierlein). Das wirkt maschinell [...], doch das ist ganz im Sinne des Erfinders. [...] Eine bittere wie heitere Pointe dieser fabelhaften Schwab-Wachküssung." (Margarete Affenzeller, Der Standard, 4. Oktober 2017)

„Regisseurin Claudia Bauer erarbeitete sich mit ihrem Team den Text mit äußerster Präzision […]. Raffiniert geht Bauer zudem mit den fantasievollen Regieanweisungen um: Sie werden von Rosemarie Brenner, der Souffleuse, auf der Bühne vorgelesen. Ensemble und Technik folgen mitunter den erfüllbaren Wünschen, mitunter setzen sie sich mit viel Witz über diese hinweg. […] In der Not gebiert Faust, von Florian Köhler mit viel Weltverdruss verkörpert, den Mephisto. […] Valentin (Raphael Muff) ist hier nicht der Bruder des Gretchens (Henriette Blumenau), sondern der Nebenbuhler, den Faust kurzerhand in einer wunderbaren Slapstickeinlage zum Jammerlappen degradiert.“ (Thomas Trenkler, Kurier, 2. Oktober 2017)

„Mit Goethes ‚Faust‘ auf ‚Schwabisch‘ donnert die Spielzeit im Schauspielhaus Graz wortgewaltig los. […] Sozusagen ein Begleitstück zum Original, in dem Bauer Schwabs geniale Wortmelodien und Rhythmen mit chorischem Skandieren als ‚Sprechoper‘ herausschält (Musik: Peer Baierlein). […] Benedikt Greiner gibt ein feurig quirliges Kerlchen mit Travestie-Einlage ab. Henriette Blumenau (Margarethe) lässt trotz Porzellanpüppchen-Outfit keinen Zweifel an emanzipierter Reife neben ihrem Bruder Valentin, den Raphael Muff so neomilitant wie unsicher zeichnet. Irrkomisch Julia Gräfners aufgemascherlte Marthe Schwerdtlein mit einer Mimik, die Geschichten erzählt.“ (Elisabeth Willgruber-Spitz, Kleine Zeitung, 1. Oktober 2017)

„Protagonist Florian Köhler liefert wortgewaltig das neuzeitliche Unterfutter zum ‚Faust‘-Original“ (Elisabeth Willgruber-Spitz, Kleine Zeitung Nachtkritik, 30. September 2017)

„Mit der österreichischen Erstaufführung von Werner Schwabs ‚Faust :: Mein Brustkorb : Mein Helm‘ in der Regie von Claudia Bauer startet das Grazer Schauspielhaus fulminant in die Saison: zwei Stunden Sprachkunst auf mehreren Ebenen – von einem ausgezeichneten Ensemble hochkonzentriert aufbereitet und serviert. […] Auf unterschiedlichen Sprach-Ebenen dringt er zum Kern vor, erschafft Wörter, die viele Bedeutungen und mitunter ganze Universen in sich tragen […] Regisseurin Claudia Bauer kennt ihren Schwab gut, unterstreicht sprachliche Ebenen durch verschiedene Sounds (Peer Baierlein) und zeigt das Innere des Studierzimmers, das sich in einem Bühnenwagen befindet, mittels kunstvollem Video-Einsatz (OchoReSotto) vor einer Zuschauertribüne (Bühne: Patricia Talacko). […] Vor allem aber hat sie mit dem hervorragenden Schauspielersextett an der Aneignung der Schwab’schen Sprache gearbeitet – und so werden die komplexen Konstruktionen lustvoll zelebriert. Florian Köhler reißt das Publikum als völlig desillusionierter […] Faust mit. Benedikt Greiner ist ein intellektuell glänzender Mephisto […]. Die völlig nihilistische, überaus emanzipierte Margarethe ist bei Henriette Blumenau in besten Händen, so wie der halbintellektuelle Prügelknabe Wagner bei Fredrik Jan Hofmann. Julia Gräfner gibt überzeugend eine derbe Marthe, Raphael Muff einen dem Faust nicht gewachsenen Gegenspieler Valentin. […] ein fordernder, aber bereichernder Abend, der Schwab an den ihm zustehenden Platz rückt.“ (Michaela Reichart, Kronen Zeitung, 1. Oktober 2017)

„Formulierungs-Inseln voller hellsichtiger, nach bald einem Vierteljahrhundert immer noch und gerade jetzt aktueller, treffsicherer Gedanken.“ (Reinhard Kriechbaum, nachtkritik.de, 29. September 2017)

„Hier formte man daraus mit hervorragenden Darstellern eine sprachliche scharfe, sinnlich-gewaltige Show. […] Die rhythmische Sprache wird zum Metronom gesprochen, übertrieben und doch so klar, dass die Eigenart von Schwabs Wortschöpfungen präzise herausgearbeitet wird. […] Florian Köhler zeigt mit sprachlicher Präzision und ungebremstem Körpereinsatz den Menschen Faust […] Mephisto ist die schillerndste Erscheinung dieser Aufführung […], er (Benedikt Greiner) macht alles mit Bravour. […] Unbeteiligt und herzlos spielt Henriette Blumenau gekonnt die Margarethe […] Das Publikum zeigte sich von der rund zweistündigen Aufführung begeistert.“ (Karin Zehetleitner, APA, 30. September 2017)

ORT & DAUER
HAUS EINS
Hofgasse 11, A - 8010 Graz
Dauer: ca. 2 Stunden, keine Pause
PREMIERE
29. September 2017, HAUS EINS
WIR EMPFEHLEN IHNEN
HAUS ZWEI
Haus 2

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