Thomas Bernhard stellt seiner sehr persönlichen, gewaltiggenialen Schmähschrift auf den Kunstbetrieb und die Gesellschaft ein Zitat von Voltaire voran: »Da ich nun einmal nicht imstande war, die Menschen vernünftiger zu machen, war ich lieber fern von ihnen glücklich.« So lässt Bernhard seinen Ich-Erzähler unglücklich mitten unter den Menschen in einem Ohrensessel versinken: Vom Selbstmord einer ehemaligen Freundin nur wenig beeindruckt, veranstaltet das Ehepaar Auersberger ein so genanntes »künstlerisches Abendessen«, dessen Höhepunkt der Besuch eines Burgschauspielers werden soll. Der Ich-Erzähler beobachtet die zunehmend betrunkener werdenden Gäste – gelangweilt von den Selbstdarstellungen ziehen seine Gedanken immer weitere Kreise und er lässt seiner Verachtung freien Lauf: Frau Auersberger ist eine gescheiterte Sängerin, ihr Mann ein »vom Vermögen seiner Frau stumpfsinnig gewordener Gesellschafts-Kopist«, die anderen geladenen Gäste nichts als »Künstlerattrappen«, der zu später Stunde erscheinende Schauspieler der »Prototypus des durch und durch fantasielosen und also völlig geistlosen Poltermimen«. Doch unerwartet blitzt Sympathie für den Schauspieler auf, als der im Anschluss an einen Wutausbruch ein pathetisches Bekenntnis zur Natur ablegt: »Wald, Hochwald, Holzfällen, das ist es immer gewesen.« Bernhards
Holzfällen ist eine tosende Abrechnung mit der feinen Wiener Gesellschaft, dem Künstlertum, dem Theater und der Schauspielerei, die in den satirisch-sarkastischen Übertreibungen eine alles zersetzende Komik gewinnt. Krystian Lupa brachte fünf polnische Erstaufführungen der Texte Bernhards auf die Bühne, die für das zeitgenössische Theater Polens richtungsweisend waren: neben den Dramen
Immanuel Kant,
Über allen Gipfeln ist Ruh und
Ritter, Dene, Voss auch die Romane
Das Kalkwerk und
Auslöschung. Krystian Lupa, Vorstand der österreichischen Thomas Bernhard Privatstiftung, wurde nicht zuletzt für diese Arbeiten in polnischen Publikationen als »Meister der Adaption« bezeichnet.
Holzfällen ist seine erste Thomas-Bernhard-Inszenierung in Österreich.
Mit:
Thomas: Johannes Silberschneider
Maja Auersberg: Steffi Krautz
Gerhard Auersberg: Franz Xaver Zach
Der Burgschauspieler: Stefan Suske
Albert Rehmden: Gerhard Balluch
Jeannie Billroth: Barbara de Koy
Anna Schreker: Renate Salvenmoser
James, ein junger Schriftsteller: Sebastian Klein
Joyce, ein junger Schriftsteller: Laurenz Laufenberg
Joana Thul: Verena Lercher
John, ihr Lebensgefährte: Florian Köhler
Regie & Bühne Krystian Lupa
Künstlerische Mitarbeit Lukasz Twarkowski
Kostüme Piotr Skiba
Video Evil Frog
Musik Martin Arnold, Mieczyslaw Mejza
Licht Paul Grilj
Dramaturgie Britta Kampert
SPONSORING: VON DER PROBLEMATIK DES (MODERNEN) MÄZENATENTUMS
UNI IM THEATER
Symposium zur Inszenierung Holzfällen
Thomas Bernhard rechnet in
Holzfällen gnadenlos mit seinen einstigen Förderern ab: »Wir bekommen von ihnen alles, und wir bestrafen sie dafür lebenslänglich mit Verachtung und Hass.« Wie beeinflusst Geld Wissenschaft und Kunst? Gibt es überhaupt eine Förderung künstlerischer oder wissenschaftlicher Vorhaben ohne eine direkte oder indirekte Gegenleistung zu erwarten? Wie kommt man zu Sponsoren und welche Abhängigkeiten werden damit geschaffen? Das Symposion
Uni im Theater nähert sich der Thematik von mehreren Seiten. Ao. Univ. Prof. DDr. Irmgard Lippe, Vizerektorin der Medizinischen Universität Graz, untersucht, welche Auswirkungen Sponsoring für die Freiheit der Forschung hat und haben kann, und Prim. Univ. Prof. DDr. Michael Lehofer, Ärztlicher Leiter der Landesnervenklinik Sigmund Freud, nähert sich dem Thema von der psychologischen Seite unter der Überschrift: Der selbstkorrupte Mensch.
am Samstag, 29. März, 16 bis 19 Uhr, Salon im 1. Rang, Eintritt frei
Karten für die Vorstellung Holzfällen (Beginn: 19.30 Uhr) müssen separat erworben werden.