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Uraufführung von Thomas Arzt
Regie Nina Gühlstorff
Eine Kleinstadt in der österreichischen Provinz ist in Aufruhr. Die Statue des Heimatdichters Peter Rosegger, das Prunkstück der Gemeinde, neigt sich neuerdings immer mehr seitwärts.
Erst wird die Schieflage gar nicht erkannt. Vorzeigebürger Wiesinger, Leiter eines seit Generationen bestehenden erfolgreichen Familienbetriebes und großzügiger Förderer der Gemeinde, redet von landläufiger Paranoia und versucht auch die Bürgermeisterin zu beruhigen, die die Angelegenheit begutachten lassen will. Keinesfalls will er durch die vermeintliche Neigung der Statue die geplanten Feierlichkeiten gefährdet sehen: Eine Delegation der UNESCO wird erwartet, die den alten Stadtkern zum Weltkulturerbe erklären möchte. Doch ein entsandter Seismologe hat bereits mit seinen Nachforschungen begonnen. Vielleicht ist eine Verschiebung der Eurasischen Platte die Ursache mit der möglichen Konsequenz, dass hier – mitten in der Steiermark – einer der neuen Gräben entstehen könnte. Noch will man dem nicht so richtig Glauben schenken, schnell wird der eingeknickte Rosegger wieder gerade gerückt. Doch der nächste Morgen bringt einen neuerlichen Rechtsruck und nun lässt es sich nicht mehr verbergen: Irgendetwas liegt im Argen und der Wiesinger steckt mittendrin …
Wie kaum ein anderer österreichischer Dichter hat Peter Rosegger in seinem Werk der bäuerlichen Lebenswelt – dem einfachen Leben auf dem Land – ein literarisches Denkmal gesetzt und damit ein Bild von Heimat geschaffen, das bis heute nachwirkt. Eine Heimat, die Vertrautheit und Aufgehobensein vermittelt, die es zu schützen galt gegen Bedrohungen von außen, was auch Roseggers spätere Vereinnahmung durch den Nationalsozialismus begünstigte.Doch wo genau liegt die Grenze zwischen legitimer Sehnsucht nach einem „Daheim“ und der Angst vor dessen Verlust einerseits und Nationalismus respektive rechter Gesinnung andererseits? Fast 100 Jahre nach Roseggers Tod spürt der junge oberösterreichische Dramatiker Thomas Arzt auf der Folie des ehemaligen „Waldbauernbubs“ eben dieser Frage nach und erzählt in diesem eigens für das Schauspielhaus Graz geschriebenen Stück feinfühlig und auf sehr humorvolle Weise davon, wie verloren man sein kann in der eigenen Heimat.
REGIE Nina Gühlstorff
BÜHNE & KOSTÜME Marouscha Levy
MUSIKALISCHE LEITUNG Marcus Christoph Weberhofer
LICHT Viktor Fellegi
DRAMATURGIE Elisabeth Geyer
WIESINGER, UNTERNEHMENSLEITER Florian Köhler
BACHLERIN, BÜRGERMEISTERIN Evamaria Salcher
MATTHIAS, ARBEITER Nico Link
ELFRIEDE, ANGESTELLTE Susanne Konstanze Weber
HEIM, SEISMOLOGE Franz Xaver Zach
TROST, ARCHIVARIN Henriette Blumenau
MUSIK Johannes Fruhwirth, Lea Geisberger, Marcus Christoph Weberhofer
„Arzt hat ein kompaktes Stück vorgelegt, in dem der umstrittene Mythos des Heimatdichters als Schablone dient. Auf ihr werden Nationalismus, Fremdenhass, persönliche Befindlichkeiten, Komplexe und der diffuse Heimatbegriff, den so viele gefährdet sehen, mit Wortwitz verhandelt. […] Arzt hat seine Figuren vielschichtig gebaut. Vor allem Florian Köhler kann aus dieser Vorlage viel machen: Er spielt den Erben eines Familienunternehmens, der immer alles richtig machen wollte, aber dem SS-Opa zu viel geglaubt hat und sein Heil in Rosegger-Romantik sucht, mit einem dezenten irren Flackern im Auge. […] Die besorgten Bürger und auch die frustrierte Stadtarchivarin, mit der Henriette Blumenau eine wunderbare amouröse Gegenspielerin Wiesingers gibt, werden von Arzt mitleidslos beschrieben, aber nicht vorgeführt.“ (Colette Schmidt, Der Standard, 16. September 2016)
„Als psychisch angeknackster Unternehmer brilliert Florian Köhler, der eine ganze Bandbreite von unauffällig-beflissen bis radikal-aufbegehrend zeigen darf. Evamaria Salcher gibt die genervte, aber sympathische Bürgermeisterin, ein besonderes Glanzstück liefert Henriette Blumenau als etwas neurotische Archivarin. Die "Stimme des unzufriedenen Volkes" übernimmt Susanne Konstanze Weber (Angestellte), die den Tod ihres geliebten Hundes den Flüchtlingen anlastet. Nico Link überzeugt als versoffener, aber letztlich als einziger klar denkender Arbeiter, und Franz Xaver Zach gibt den kryptischen Seismologen, der auch nicht mehr weiß als die anderen. Ein Abend, der [...] Lust auf mehr Arbeiten des Autors macht.“ (Karin Zehetleitner, www.tt.com, APA, 16. September 2016)
„Die Uraufführung dieses Schauspiels am Donnerstag in Graz bestätigt, dass Thomas Arzt mit heiklen Themen schonungslos, aber unverkrampft umgehen kann, dass er dem Volk sprachgewitzt aufs Maul schaut. […] Im Mittelpunkt steht der von Florian Köhler mit Feuereifer gespielte Bauunternehmer Paul Wiesinger, für den das Rosegger-Denkmal zum Lebensmittelpunkt geworden ist. […] Glänzend ist Henriette Blumenau als schrullige Archivarin Trost. Auch dieser Name spricht für sich. Bei Frau Trost sucht Herr Wiesinger in Literaturstunden Aufklärung und Erbauung zu Rosegger, aber auch ein bisschen Trost in allen seinen Neurosen – und am Ende sogar Liebe.“ (Norbert Mayer, Die Presse, 17. September 2016)
„Die wachsende Unsicherheit und den damit verbundenen Rechtsruck thematisiert Thomas Arzt vielschichtig und humorvoll in seinem Stück "Die Neigung des Peter Rosegger". […] Bei Arzt gibt es kein Schwarz und Weiß, sondern die unendlich vielen Grautöne dazwischen, seine Methode ist nicht das Anprangern, vielmehr ein durchaus subtiles Warnen vor Nationalismus und Radikalisierung. […] Einmal mehr eine Freude sind die Schauspieler, allen voran Florian Köhler als Bauunternehmer Wiesinger mit Nazi- Familienvergangenheit und Henriette Blumenau als Archivarin, Frau Magister Trost. Aber auch Evamaria Salcher als Bürgermeisterin und Niko Link als Arbeiter überzeugen. Susanne Konstanze Weber lässt dunkle Seiten sehen und Franz Xaver Zach versucht sich als Seismologe in Ursachenforschung.“ (Michaela Reichart, Kronen Zeitung, 17. September 2016)
„Der Text des sprachlich potenten Schlierbachers [Thomas Arzt] ist eine launige bis anarchische Erörterung des Heimatbegriffs, verwebt aktuelle Gesellschaftspolitik mit germanistischen Erörterungen über die Ambivalenz des steirischen Heimatdichters aus der Waldheimat. Die Story rund um (klein)bürgerliche Verhaltensmuster in der Provinz hat eine starke weiß-grüne Schlagseite und stellt – um eine Vokabel aus der Fußballersprache zu verwenden – eine Steilpassvorlage dar. […] Thomas Arzt, der sich mit „Grillenparz“, „Johnny Breitwieser“, und „Totes Gebirge“ einen Namen gemacht hat, unterstreicht mit „Die Neigung des Peter Rosegger“ sein Gespür für Themen und sein Talent für eine einprägsame Kunstsprache. […] Jenseits der geheimnisvollen urbanen Erschütterungen lässt Arzt Original-Rosegger-Zitate, eine skurrile Lovestory und etliche Stimmen des Volkes einfließen. Florian Köhler lotet die vertrackten Lebensrealitäten des Vorzeigebürgers Wiesinger mit Erfolg aus, Henriette Blumenau ist die köstlich schrille Archivarin Trost. Viel zustimmender Beifall.“ (Martin Behr, Salzburger Nachrichten, 17. September 2016)